Softwareentwicklung in Indien: eine Einführung
Für Unternehmen aller Grösse wird Südasien für die Erstellung von IT Services ein immer interessanteres Thema. Besonders kleine und mittelgrosse Unternehmen sehen die Vorteile.
Hier 7 Tipps wie man mit Softwareentwicklung dort erfolgreich werden kann.
1) Kultur ist ähnlich aber doch ein wenig anders
Man wird merken, dass Anweisungen nicht immer zu 100 Prozent befolgt werden. Zum Beispiel Bittet man den Entwickler eine bestimmte Sache zu machen. Wenn der Programmierer diese Tätigkeit als nicht „wertvoll“ bewertet, dann wird er/ sie diese Anweisung vernachlässigen.
Die Anweisung kann jedoch für den Auftraggeber/ Arbeitgeber selbst von Bedeutung sein.
Ein konkretes Beispiel: Man Bittet den Entwickler eine Anleitung zu schreiben, wie der Software-Code geschrieben wurde. So dass ein späterer Coder mit diesen Informationen an der Applikation weiterarbeiten kann.
Jedoch hat der Softwareentwickler die Erfahrung gemacht, dass solche Anleitungen viel Zeit beanspruchen und auch der Auftraggeber nicht wirklich „Happy“ sein wird, denn dieser möchte lieber mehr Zeilen Code, als ein geschriebenes Word-Dokument haben.
D.h. der Entwickler wird diese Sache nicht befolgen und wird hier auch höchstwahrscheinlich nicht Bescheid geben.
Tipp: In den meisten Fällen ist es besser dem Entwickler entgegenzukommen. Oder man müsste das explizit so verlangen und sich das auch schriftlich bestätigen lassen.
2) Code-Kommentare, Unit Testing, Qualitäts-Standards
Viele der heutigen Softwareentwickler in Indien wissen, dass es Coding Standards gibt und das man Code testen muss. Oftmals werden die finalen Anfragen für den Feinschliff der Software jedoch auch von den Testing Teams, Business Analysten, Scrum-Vetretern, etc. gestellt. Somit muss der Coder nur die Programmierung vornehmen. Viele andere Bereiche werden durch andere „Teams“ abgedeckt.
Wenn man also möchte, dass bestimmte Dinge wie Code-Kommentierungen, Unit Tests und Qualitätsstandards eingehalten werden, dann muss man auch danach explizit fragen. Die Erwartungshaltung „Bei uns in Europa wird das so gemacht, dann erwarte ich das auch von Experten aus Indien“ ist zwar angebracht, man muss dass jedoch klarstellen. Ansonsten wird die Erwartungshaltung nicht erfüllt.
3) Stundensatz so lassen wie er ist
In einigen Fällen nehmen IT Dienstleister die Service von indischen Entwicklern in Anspruch. Oftmals verringert man seinen eigenen Stundensatz (in Deutschland) von 100 Euro auf 70 Euro oder weniger, um so besser im Markt zu stehen. Das ist unserer Erfahrung nach nicht der beste Weg. Egal wo die Entwicklung auch getätigt wird, man sollte den finalen Preis, welchen man seinen Kunden anbietet, hoch halten, um auch Qualität liefern zu können.
Eventuell will man den Entwickler für einige Monate in die Bundesrepublik bringen, oder man möchte diesem Zeit für Weiterbildung geben. All das sollte man berücksichtigen.
Zudem wird die Wertschöpfung in fast allen Unternehmen heutzutage in weltweit erbracht, sei es der grosse Industriebetrieb (Siemens, Bosch, etc.) oder das mittelständische Unternehmen. Am Ende zählt die Qualität die geliefert wird. Der Preis ist zwar wichtig, aber nicht immer der ausschlaggebende Punkt.
4) Verständnis für die Kultur entwickeln
Es ist eigentlich egal wo man sich hin bewegt, sei es China, Bangladesch oder eben Indien. Überall gibt es kulturelle Feinheiten, die man beachten sollte. Diese müssen jedoch gar nicht mal so komplex sein. Am besten vergleicht man es mit der eigenen Kultur. Oftmals hat man hier oder da mal was gehört, was eventuell in dieser Form nicht stimmt.
Im ersten Schritt könnte man zum Beispiel von den gleichen oder ähnlichen gesetzliche Rahmenbedingungen wie in Deutschland ausgehen. Das Hilft viel weiter. Denn oftmals denkt man, dass Arbeitszeitgesetze (maximal 50 Stunden die Woche), und ähnliche Dinge nur in der Bundesrepublik gelten, dabei sind diese in einigen Sektoren (zum Beispiel in der IT) ähnlich weltweit.
Zudem sollte man nicht allzu sehr auf seine eigenen kulturellen Gegebenheiten pochen. Beispielsweise sind Menschen in den meisten Ländern der Welt nicht zu 100 Prozent pünktlich, wie man das aus den mitteleuropäischen Ländern kennt. Wenn man hier und in anderen Punkten ein wenig nachgibt, hat man bereits viel gewonnen.
Hier ein paar dieser Punkte:
- a) Urlaubsanträge: Auf dem Subkontinent nimmt man auf der einen Seite zwar wenige „normale Urlaubstage“, aber es werden oftmals sogenannte „Casual Leaves“ beantragt. Diese kommen oftmals sehr kurzfristig, meistens am selben Tag an dem sie genommen werden und meistens geht es darum, Verwandte zu umsorgen. In der Bundesrepublik erwartet man ein frühzeitiges Bescheid geben. In Südasien geschieht das jedoch fast immer kurzfristig. Zudem kommt man ungefähr auf die gleichen Tage an Feiertagen, denn es werden wie schon gesagt, weniger „normale Urlaubstage“ genomme, dafür aber jedoch Casual- und Sick Leaves. (Hinweis: auf eine indische Hochzeit kommen meistens mehr als 500 Gäste und alle diese gelten als „enge Verwandtschaft“, dass zeigt bereits wie wichtig Familie ist)
- b) 10 Prozent Gehaltserhöhung pro Jahr: Der indische Softwareentwickler erwartet eine jährliche Gehaltserhöhung von zirka 10 Prozent im Jahr. In Mitteleuropa ist eine solche automatische Erhöhung des Gehalts pro Jahr nicht vorgesehen. Wenn man den indischen Experten jedoch halten möchte, dann sollte man diese Erhöhung gewähren.
5) Langfristige Zusammenarbeit bevorzugen
Um mit Softwareentwicklung in Indien erfolgreich zu sein, sollte man langfristig denken. Laut unterschiedlichen Studien brauchen Freiberufler in Mitteleuropa zirka 3 Monate um sich in eine Aufgabe komplett einzuarbeiten, bei Angestellten liegt diese sogar bei 6 Monaten, bis diese produktiv sind.
So Verhält sich das auch für Softwareentwicklung auf dem Subkontinent. Bis sich die Entwickler an den Kunden gewöhnt haben, kann einiges an Zeit vergehen. Dabei sollte man nicht vergessen, dass man ein wenig Zeit einkalkulieren muss, bis man die kulturellen Unterschiede versteht (welche nicht unbedingt gross sein müssen, siehe diesen Artikel).
Kurzfristige Projekte von einem oder wenigen Monaten sind daher keine gute Option, um diese nach Südasien auszulagern.
Der Tipps also hier: Outsourcing nach Indien sollte eine strategische Entscheidung sein. Zum Beispiel der Aufbau eines permanenten Teams von einem oder mehreren Entwicklern. Zum Beispiel ein Senior Entwickler und ein Junior Programmierer.
6) Was ist das Ziel? (Diese Frage sollte man sich vor der Zusammenarbeit beantworten)
- Geht es darum Kosten zu sparen?
- Geht es darum Programmierer zu finden? (weil man vor Ort wenig Auswahl hat, weil der Markt „leergefegt“ ist?)
- Möchte man ein Projekt umsetzen lassen? (hierfür gibt es spezialisierte Anbieter, der Stundensatz liegt jedoch zirka bei 40 bis 50 US Dollar die Stunde)
- Möchte man in Asien verkaufen? (zum Beispiel ein Entwicklerteam, dass für den indischen/ Asiatischen Markt produziert)
- Möchte man ein Produkt entwickeln oder erweitern lassen?
All das sind sicherlich Dinge die man beantworten muss, wenn man Offshore Outsourcing betreibt.
Je nachdem was man benötigt, braucht man unterschiedliche Softwareentwicklungs-Unterstützung.
7) Eigene Kompetenzen eruieren
Zudem sollte man seine eigenen Kompetenzen bewerten.
- Ist man selbst Programmierer oder hat ein Teammitglied, der die Softwareentwicklung überprüfen kann? (d.h. handelt es sich um guten Code? Wurde gut gearbeitet? etc.? ])
- Hat man die notwendigen Englischen Sprachkenntnisse? (oder braucht man jemanden deutschsprachiges auf der anderen Seite, Hinweis: In solchen Fällen müsste der Stundensatz relativ hoch sein, denn ein deutschsprachiger Projektleiter hat meistens einen Stundensatz von 80 Euro und mehr und muss dementsprechend verrechnet werden. Es wird zwar oft mit „kostenfreiem deutschsprachigen Projektleiter“ gesprochen. Ind er Realität muss das natürlich verrechnet werden)
- Hat man die Softwareentwicklungs-Projektleitungskenntnisse? (hat man die Projektleitungskenntnisse um ein IT Projekt umzusetzen oder muss man die Kompetenzen zusätzlich einkaufen?)
Fazit
Softwareentwicklung in Indien ist eine Möglichkeit von der immer mehr Unternehmen Gebrauch machen. Jedoch gibt es einige Punkte zu beachten.
Mehr erfahren kann man auch unter den folgenden Links:
Auf Dr. Simone Rappel’s Blog zum Thema Softwareentwicklung auf dem Subkontinent
Auf Publishingblog zu Indien: Chancen und Risiken des Subkontinents